AU-Bescheinigungen und Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Der für das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erforderliche kollektive Tatbestand ist nicht nur gegeben, wenn der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern auferlegt, bereits vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Es genügt, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die über eine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung hinausgeht und kollektive Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs berührt.

§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG stellt keine das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Satz 3 EFZG stellt keine das Mitbestimmungsrecht ausschließende Regelung dar, weil es dem Arbeitgeber einen Regelungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob und wann die Arbeitsunfähigkeit vor dem vierten Tag nachzuweisen ist. Auch in § 96 Abs. 1 BBG wird nicht abschließend bestimmt, auf welche Weise Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit nachzuweisen ist. § 31 des Manteltarifvertrags der Deutschen Telekom AG vom 01.03.2004 enthält ebenfalls keine abschließende Regelung, die ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ausschließt.

Der Betriebsrat kann die Beseitigung eines mitbestimmungswidrigen Zustands verlangen (hier: Anspruch, daß der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmern und Beamten mitteilt, daß die ihnen erteilten Attestauflagen unwirksam sind).

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluß vom 19.06.2012 – 3 TaBV 2149/11

Dieser Artikel wurde geschrieben von Dirk Breitenbach – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Wandsbek (Hamburg). Weitere grundlegende hilfreiche Informationen zum Thema Arbeitsrecht finden Sie auch in diesem Artikel der Wikipedia.